April 1, 2021

Aus der Praxis – Jola’s Alltagsgeschichten

Wie der Tod den Schrecken verliert


Ingeborg, 89, lag im Sterben in einem Krankenhaus. Kein schöner Gedanke, das wünscht sich niemand. Die Familie war tief traurig. Die immer so lebensfrohe Ingeborg sollte nicht in diesem kalten Klima voller Technik, Schläuchen und fremder Menschen sterben. Das wäre nicht ihr Wunsch gewesen.


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Die Familie sollte gemeinsam entscheiden


Im Familienrat wurde beschlossen, eine andere Lösung zu finden. Doch was gibt es für Alternativen. Schnell war die Idee geboren, ein schönes Zimmer für Ingeborg in unsere Residenz zu mieten. Auch wenn nicht ganz klar war, ob Ingeborg diesen Aufwand überhaupt bewusst erleben und genießen könnte. Aber egal, das war es dieser wunderbaren Familie wert!


So wurde uns Ingeborg also als palliativ vorgestellt. Wir richteten ihr zusammen mit Ihrer Familie ein schönes Zimmer ein, dekorierten mit Blumen – denn das mochte Ingeborg immer so gerne! – Fotos und ihren Lieblingsmöbelstücken.


Ingeborg bekam von alledem nicht viel mit. Auf einiges wurde in Erwartung des nahen Todes verzichtet. So blieben die Schränke leer. Ein bisschen Unter- und Nachtwäsche sollte für die verbleibende Zeit reichen.


Die Liebe der Familie war spürbar


Nichtsdestotrotz pflegten und betreuten wir Ingeborg in der gewohnten Weise. Vielleicht sogar etwas intensiver, denn diese wunderbare Fürsorge und Liebe der Familie motivierte uns noch mehr.


Es ist schon ein sehr großer Unterschied zu einem Krankenhaus. Dort kann man gar nicht die Fürsorge für jeden einzelnen Menschen aufbringen. Es gibt gar keine Zeit dafür, die Aufgaben sind völlig andere. Und natürlich sind die Pfleger und Krankenschwestern in Kliniken auch nicht auf basale Stimulation, längere Gespräche oder ähnliches eingerichtet.


Und dann geschah etwas Unerwartetes: Anstatt weiter dem Tod entgegen zu dämmern, verbesserte sich Ingeborgs Zustand zusehens! Nach zwei Wochen sprach sie wieder mit uns, nach drei Wochen konnten wir sie wieder mobilisieren!


Manchmal geht es unerwartet wieder aufwärts!


So konnte wir Ingeborg in ihrem Rollstuhl umherfahren, durch den Garten gehen und sie an unseren Gruppenprogrammen teilnehmen lassen.


Die Freude bei Ingeborg war riesengroß – und unsere natürlich auch! Niemand hätte diesen Effekt für möglich gehalten. Die Familie war fassungslos und unendlich glücklich! Es war so schön, Ingeborg wieder reden und lachen zu sehen!


Sie wurde wieder so stabil, dass wir sogar an einem schönen sommerlichen Tag gemeinsam einen Ausflug in einen naheliegenden Park machen konnte. Es war eine große Freude, sie interessiert umher schauend im Rollstuhl durch den Park zu schieben.


Chips und Schokolade?? Macht nichts!!


Als wir an einem Supermarkt vorbeifuhren, kam ihr plötzlich ein für mich ganz unerwarteter Gedanke. „Lassen Sie uns doch mal einkaufen gehen!“, so kam es aus ihrem Munde.


Also: gesagt getan. Wir betraten den Supermarkt und führen durch die Gänge. Und plötzlich merkte ich, dass Ingeborg einen Wunsch hatte. Ihre Augen leuchteten, als wir bei den Chips vorbeigingen. Auf meine Frage, ob Lust auf etwas salziges hätte, kam ein klares „Ja, gerne!“. Also haben wir schnell eine Tüte Chips gegriffen. Weiter gings durch den Markt. Und diesmal leuchteten die Augen bei der Tafelschokolade. Ein klares Signal – auch die wird gekauft!
Anschließend zurück in den Park. Zeit für ein Picknick!


Auf einer Bank in der Sonne sitzend, genoss Ingeborg ihre Leckereien – und wurde dabei immer „gesprächiger“. Das heißt, kurze Antworten auf meine Fragen, einzelne Worte zum schönen Park und zu ihrem leckeren Essen. Einfach schön, sie wieder so lebendig zu sehen! Ingeborg war glücklich!


Natürlich erzählte ich ihrer Familie von diesem Erlebnis. Sie freuten sich alle zusammen so sehr über dieses kleine Glück!


Ein würdevoller Abschied


Zwei Monate später starb Ingeborg. Friedlich eingeschlafen in ihrem schönen Zimmer. Genauso hatte sie sich ihren Tod vorgestellt, sagte die Familie immer wieder.


Auch dieser fürsorglichen Familie war anzumerken, wie dankbar sie für diesen würdevollen Abschied von ihrer Mutter, Schwiegermutter und  Großmutter war. Alle waren sehr froh, gemeinsam alles richtig entschieden zu haben!


Hilfe bei der Entscheidung bietet dir die Webseite der deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, die dich mit vielen wertvolen Tipps unterstützt.




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